Tibet – vom Tod der höchsten Kultur auf dem Dach der Welt

Tibet liegt auf der Höhe der Wolken und teilweise mit seinen höchsten Erhebungen, wie dem Mount Everest im Himalaya-Massiv mit dem höchsten Punkt der Welt – 8850 Metern über dem Meeresspiegel – weit darüber, weshalb man die ‘chinesische autonome Provinz Xizang’, wie sie von den Chinesen genannt wird, auch als das Land auf dem Dach der Welt bezeichnet.

Tibet Landschaft

‘Durch die chinesische Besetzung Tibets überdauert Ladakh als eine der wenigen noch bestehenden Bastionen der schnell verschwindenden Kultur des tibetischen Volkes.’
Dieses Zitat s. H. des 14. Dalai Lama beschreibt die heutige Situation der Kultur im höchst gelegenen, geheimnisvollsten und zugleich auch faszinierendsten Land der Erde mit seinen knapp 1,2 Millionen Quadratkilometern Fläche – in Tibet.

Tibet Karte

Tibet liegt im Südwesten Chinas und grenzt an Indien, Burma, Sikkim, Nepal und auch Bhutan. Tibet gilt heute als chinesische, autonome Provinz. Das tibetische Volk selber sieht sich als von China besetzt und kämpft seit über 50 Jahren verbissen um seine Freiheit. Als ideelles Vorbild für ihr Anliegen gilt seine Heiligkeit, der im Exil lebende, 1935 geborene 14. Dalai Lama, Tenzin Gyatso.

Mit dem Ende der Jungsteinzeit, dem Neolithikum, aus dem eine sich wandelnde Spezies hervorgeht, beginnt der Mensch als Bauer das Land zu bestellen. Diese ‘Neolithische Revolution’ führt dazu, dass sich nicht nur das äußere Leben der Spezies Mensch verändert, sondern auch sein geistiges Verständnis, womit sich ebenso seine Auffassungsgabe weitet.
Seine dörflichen Kralbauten wandeln sich in mit Mauern umgebene feste Städte aus Lehmbauten. Es folgen Schiffbau, Kunsthandwerk, und Tierhaltung. Ein ungebremster Aufschwung führt mit der Einführung von Schriftsprachen zu ‘hydraulischen Gesellschaften’, die sich – an historischen Zeiträumen gemessen – innerhalb weniger Lebenszyklen zu Hochkulturen entwickeln und in ihren ersten heidnisch-pantheistischen Religionen das Maß aller Dinge sehen.
Diese Hochkulturen beherrschen die Techniken der Metallverarbeitung, der gezielt planbaren Architektur durch mathematische Berechnungen und statischer Konstruktionen in Verbindung mit der Herstellung von Baumaterialien. Die Bauten basieren auf polygonalem Mauerbau. Auch wird die künstlerische Phase durch erste Großplastiken eingeläutet. Aus diesen frühen Hochkulturen der Menschheit in Asien – hier aus dem später bekannten Gebiet Indiens und Chinas, vereinzelt auch aus Persien, – ziehen Reitervölker aus den zwischenzeitlich zu dicht besiedelten Zentren der neuen Mächte weiter in die fremde, unbekannte Mitte des Kontinents, um wieder als Nomaden und Viehzüchter zu leben. In diesem zentralasiatischen Raum treffen sich Reiterstämme, teilweise aus dem Huang-He-Gebiet und aus verschiedenen Turkvölkern, und mischen sich zu einem neuen Volk mit neuer Kultur. Gemeinsam wandern sie in das Hochland des Himalaja ein und bilden die Vorkultur der tibetanischen Stämme die sich in viele kleine Fürstenreiche aufteilt.

Ab dem Jahr 100 v. Chr. gelingt es erstmals einem König, Nyatri Tsenpo, die im Hochland des Himalaja lebenden tibetanischen Stämme zu einer Nation zu vereinigen. In den folgenden fast 1000 Jahren wird Tibet unter der Yarlung-Dynastie zu einer der wichtigsten und wirtschaftlich-militärisch herausragenden Mächte Asiens. Mitte des 7.Jahrhunderts beginnen die Armeen Tibets ihre Nachbarländer, hier besonders China, zu überfallen. Ebenso wird der Norden Indiens mehrfach durch militärische Einheiten angegriffen. Das Land Nepal wird sogar vollständig besetzt. Die chinesische Tang-Dynastie hat schwer unter den Angriffen zu leiden. Große Teile Chinas fallen an Tibet. Die tibetanischen Angriffswellen erreichen schließlich auch den Norden Pakistans.
Unter König Songtsen Gampo erhält Tibet in der ersten Hälfte des 7.Jh. eine Zentralregierung. Das Land steht auf dem Höhepunkt seiner Macht. Eine Schrift und Religion werden ebenso zum Bestandteil der Kultur. Der König bestimmt ein erstes Gesetzbuch mit Verhaltensregeln, die unbedingt beachtet werden müssen. Zu dieser Zeit gelangt auch der Buddhismus nach Tibet. Die militärische Unterwerfung Chinas wird fortgesetzt. Fast der gesamte chinesische Westen ist schließlich in der Hand Tibets. König Songtsen verlangt vom chinesischen Kaiser einen jährlichen Tribut und obendrein eine Tochter des Kaisers, Prinzessin Wen-Cheng Kung Chu, als Gemahlin. In verschiedenen Ausführungen wird hier von einer Geisel der Tibeter, oder auch von einem Geschenk der Freundschaft zur Begründung der kulturellen Beziehungen zwischen dem chinesischen Kaiser und König Songtsen Gampo gesprochen. Der in Polygamie lebende König Gampo ist mit mindestens fünf Frauen gleichzeitig verheiratet. Seine Außenpolitik festigte er mit Eheschließungen.

Da die anhaltenden Grenzkonflikte mit Tibet jedoch nicht überwunden werden können, lässt der spätere chinesische Kaiser Shou-Li ebenfalls eine seiner Töchter zur Ehe mit dem tibetischen König überreichen. Die Kämpfe enden nicht.
31 Jahre später muss der chinesische Kaiser einem Grenzvertrag zustimmen.
Im Jahr 780 weigert sich der Kaiser von China weiterhin, den Tribut, bestehend aus 50.000 Rollen feinster Seidenstoffe, an Tibet zu zahlen. König Trison Detsen marschiert daraufhin mit seiner Armee in China ein und erobert nicht nur die damalige Hauptstadt Xi’an, sondern gleich das ganze Land.
Der Kaiser flieht vor der unbesiegbaren Übermacht.

Von Tibets Gnaden wird ein Bruder der chinesischen Prinzessin Ching-Cheng Kung-Chu als Kaiser eingesetzt. Er verfasst ein Schreiben, nach welchem China die Bürgschaft für den zu zahlenden Tribut an Tibet übernimmt. In der tibetanischen Stadt Lhasa wird dieser Erfolg in einer Steinsäule heroisch eingemeißelt und König Detson gefeiert. Trotz des Tributes greift Detson weitere Bezirke und Städte in China an. Schließlich bietet der Kaiser Hehu Ki Wang den zu entrichtenden Tribut als eine ewige, immer währende Leistung an, um damit die Kampfhandlungen zu beenden. Mit diesem Erfolg erreicht die neue Hochkultur und asiatische Macht Tibets ihren Zenit.
Unter Trisong Detson beginnt sich auch der Buddhismus in Tibet auszubreiten. Er findet zuerst jedoch kaum Anhänger. Abgesehen von dem König und wenigen Adelsfamilien findet er im Volk keinen Anklang. Die Anhänger der animistischen Bön-Religion (Religion, die an Geisterkräfte glaubt, die sich aus dem Prinzip Ursache-Wirkung in naturgegebenen Abläufen finden, da alles in der Natur eine unzerstörbare Seele besitzt) haften an ihren Dämonen, Geistern und Ritualen fest. Was aus dem Ausland kommt taugt hier nichts.
Trisong Detson setzt den Buddhismus mit dem Bau erster Klöster durch. In der Folge werden unter dem König Muni Tsenpo in Tibet erste Reformen im sozialen Bereich eingeführt. Er versucht, die Ungleichheit zwischen der besitzenden, reichen und der landlosen, armen Bevölkerung durch Enteignungen und Landreformen durchzusetzen. Sein Ziel ist es, eine breite ‘Mittelschicht’ zu errichten. Das gut gemeinte Vorhaben scheitert kläglich.
Ein neuer König, Ngadhak Tri Ralpachen, 815-836, übernimmt in Tibet das Zepter und die Krone. Wieder steht ein neuer großer Krieg mit China bevor. Die buddhistischen Mönche auf beiden Seiten vermitteln den Frieden.

Mit dem letzten König Tibets, Lang Darma, einem Anhänger der Bön-Religion, der seinen Bruder ermorden lässt, um sich des Throns zu bemächtigen, beginnt aus religiösen Gründen die systematische Verfolgung der Buddhisten in Tibet. Seine Macht hält gerade einmal sechs Jahre an. Dann wird er von einem Mönch ermordet. Das Großtibetanische Reich zerfällt in Kleinstaaterei. China holt sich seine Ländereien zurück.
Die über alles gefürchtete tibetanische Armee verliert ihre Schrecken. Ihre Truppen entmachten sich selbst untereinander in Gemetzeln. In den folgenden 300 Jahren werden die Beziehungen zwischen den beiden souveränen Staaten China und Tibet auf Eis gelegt. Jeglicher Kontakt wird abgebrochen.

Im Jahr 1042 wird durch den indischen Weisen Atisha der Buddhismus wieder zaghaft in ersten Ansätzen im westlichen Tibet eingeführt, wo er auch sofort erneut aufblüht. Mit der wieder entdeckten Religion entstehen neue Klöster, in denen sich die neue Machtstruktur des Landes herausbildet.

1207, Dschingis Khan herrscht über die Mongolen.
Aus Furcht vor einem Einmarsch mongolischer Heerscharen in das von Bürgerkrieg ausgemergelte einstige Reich, senden die Tibeter Abgesandte zum Khan, um sich der neuen Macht Asiens zu unterwerfen. Dabei bleibt es nicht aus, dass die Tibeter indirekt auch wieder Kontakt mit China aufnehmen müssen, da dieses Land zwischen Tibet und der Mongolei liegt. Doch dieser Schachzug mit der Anbiederung an die Mongolen beendet im Land selber auch den Bürgerkrieg. Tibet erkennt die Mongolen als Oberhoheit an und wird ihnen gegenüber steuerpflichtig. Erst 40 Jahre später wird das Land mit Unterstützung der Mongolen wiedervereinigt. 1249 macht der Enkel des Dschingis Khan, Godan, den ebenfalls mongolischen und auch buddhistischen Abt Kunga Gyaltsen zum Vizekönig von Tibet. Ab jetzt regieren die Mongolen der Yuan-Dynastie in Lhasa. Ein Neffe des Abts wird darauf von Kublai Khan, der zurzeit Kaiser von China ist, zum weltlichen Herrscher über Tibet ernannt. Kublai Khan, der neben der Mongolei auch über China und Tibet gleichermaßen regiert, verlegt seinen Regierungssitz 1246 in die chinesische Hauptstadt Beijing. Unter dem Khan wird Tibet von China aus, als administrativer Teil des Landes, (mit)regiert. Der führende Lama Tibets, der oberste geistliche Führer ist gleichzeitig auch der Berater des chinesischen Kaisers. China und Tibet gelten politisch als eine Einheit. Mit dem Untergang der Yuan-Dynastie und dem Rückzug der Mongolen erlangen China und Tibet ihre Eigenständigkeit zurück. Das Verhältnis zwischen Tibet und den jetzt an der Macht in China sitzenden Mandschu-Herrschern bleibt bestehen.
Mit dem Fürst Changchub Gyaltsen kommt in Tibet ein neuer König an die Macht. Er beginnt gleich wieder mit der Bodenreform und setzt eine Steuer auf alle Erträge ein.
Aus seinem Freundeskreis ernennt er Minister und Beamte in den Bezirken. Unter seiner Führung wird eine Infrastruktur in dem Land errichtet. Straßen und Brücken durchziehen nun das unwegsame Hochland des Himalaja.

Die folgenden Jahre bis zum Beginn des 18. Jh. stehen im Mittelpunkt des Buddhismus. Die geistliche Macht geht dabei an die Dalai Lama. Das Land beginnt sich zu isolieren. Die Ideen des friedlichen Buddhismus sind für dieses Land des Klerus nicht mehr mit den kriegerischen Anwandlungen der Zeit zu vereinbaren. Tibet spaltet sich von der übrigen Welt ab und entwickelt ein eigenes spirituell geprägtes Leben. Die weltlichen Herrscher werden fast bedeutungslos. Sie können gewählt und abgewählt werden.

Der Mongolenstamm der Dzungar überfällt Tibet. Sie setzen den amtierenden Dalai Lama ab. Den schon geborenen Nachfolger können sie nicht gefangen nehmen. Das Kind, der zukünftige siebte Dalai Lama, wird unter dem Schutz einer Armee des Mandschu-Kaisers aus China, nach Lhasa begleitet. Die Mongolen ziehen sich zurück.
Im Jahr 1728 werden zwei Beamte des chinesischen Kaisers als Berater in der tibetanischen Regierung tätig. Mit der Zeit erlangen sie mehr und mehr Einfluss, besonders in der Außenpolitik. Langsam wird die Herrschaft der Chinesen über Tibet als Schutzmacht deutlich sichtbar, jedoch behalten die Tibeter weiterhin ihre Macht und Stellungen.
Mit dem Opiumkrieg ab 1840 verliert China seine herausragende Stellung in Zentralasien. Tibet bleibt auf sich allein gestellt.

Kriegerische Auseinandersetzungen mit Nepal durchdringen das hohe Land im Himmel. Ein Einmarsch nepalesischer Truppen in Tibet führt zur Niederlage der Lhasa-Regierung.
1856 diktiert Nepal Tibet in einem Vertrag den Frieden. Das isolierte Land auf dem Dach der Erde muss umfangreiche Zugeständnisse machen. Die Regierung in Lhasa hat keine andere Wahl. China hat in diesem religiösen Himalajastaat nichts mehr zu sagen. Selbst die Beziehungen zwischen den Ländern erkalten.
Religiöse Überzeugungen in Tibet lassen sich nicht mehr mit den expandierenden und aufkommenden neuen Sichtweisen der Kolonialstaaten angleichen.

Die Isolation Tibets wird auf eine schwere Prüfung gestellt. Das britische Imperium breitet sich in Asien aus. Auf dem Weg nach China liegt nur noch der Kirchenstaat zwischen den Wolken im Weg. Die Engländer verhandeln mit der Regierung in Peking wenn es um Tibet geht. Für England ist Tibet ein Teil von China. Die zwischen China und London ausgehandelten Verträge werden von der Führung in Lhasa nicht anerkannt. Mit der Zeit erkennen die Briten die Situation und ihre eklatante Fehleinschätzung der wirklichen Lage. Im Jahr 1903 überrennen britische Soldaten die Grenze zu Tibet. Die fast historisch kostümierten und militärisch ebenso ausgestatteten Tibeter unterliegen in wenigen aussichtslosen Kämpfen.
In der Lhasa-Konvention erklärt sich Tibet 1904 dazu bereit, keine Zugeständnisse an andere Staaten, sofern es um territoriale Rechte oder politische Absprachen geht, ohne Zustimmung der Briten abzuschließen. In weiteren Verträgen, 1906 und 1907, zwischen Großbritannien, China und Russland, spricht London, ohne dieses mit der tibetanischen Regierung zu besprechen oder sie überhaupt dazu anzuhören, faktisch gesehen Tibet die politische und existentielle Eigenständigkeit ab und diktiert den Staat als chinesische Provinz in die Abhängigkeit.
Geht es zukünftig um Tibet, so wird mit China als zuständigem Souverän gesprochen und verhandelt. Tibet lehnt diese politische Entmachtung postwendend ab und weigert sich dieses beleidigende Pamphlet anzuerkennen.
1910 marschieren chinesische Truppen in der tibetanischen Hauptstadt Lhasa ein. Sie berufen sich dabei auf den Vertrag mit Britannien. Der 13. Dalai Lama muss fliehen. Er geht ins Exil nach Indien.

Nach dem Sturz des Kaiserreichs beruft sich die Regierung der Republik China unter Staatspräsident Yuan Shik-Kai auf einen Artikel, ein Dekret der Mandschu-Herrschaft, aus der der Anspruch abgeleitet wird, dass Tibet ein Teil von China sei. Dass China zur gleichen Zeit selber von den Mandschus besetzt war vergessen die neuen Machthaber in Beijing. Sie selber erkennen die Herrschaft der Mandschus und alle aus ihr hervorgegangenen politischen Situationen und Rechte nicht an, – bis auf eine, die der China das Recht auf Tibet einräumt und sogar von Großbritannien erneut in dem Vertrag von 1906 bestätigt wurde.
Der 13. Dalai Lama kehrt 1913 aus dem indischen Exil zurück und erklärt Tibet für unabhängig. Durch die Vermittlung des britischen Konsuls Eric Teichman kommt es 1918 zwischen Tibet und China zum Waffenstillstand und einer vertraglich festgelegten, jedoch provisorischen Grenzlinie oberhalb des Yangtsee-Flusses.

Unter dem 13. Dalai Lama erreicht nun auch Tibet die Moderne. Papiergeld und neue westlich ausgerichtete Dienstleistungen wie Post und Telegraphen werden eingeführt. Tibetische Studenten gehen ins Ausland um die Fremde und ihre Ideen kennen zu lernen.
Der Junge Tenzin Gyatso wird 1935 geboren. Er wird der 14. Dalai Lama werden. Bis zu seiner Inthronisierung wird das Land kommissarisch geführt. Während des Zweiten Weltkrieges fliehen deutsche und italienische Kriegsgefangene aus indischen Lagern und schlagen sich nach Tibet durch.

Der Österreicher Heinrich Harrer ist einer von ihnen. Er kommt in Kontakt mit dem jungen Tenzin Gyatso. Es entsteht eine Freundschaft zwischen den Menschen der unterschiedlichen Kulturen. Durch Harrer lernt der zukünftige 14. Dalai Lama mehr über die Welt. Bevor im Jahr 1950 die chinesische Rote Armee in Tibet einfällt wird der junge Tenzin Gyatso noch offiziell in Amt und Würden eingeführt. Kurz danach muss seine Heiligkeit der 14. Dalai Lama, wie auch schon sein Vorgänger wenige Jahre zuvor, nach Indien fliehen. Neben der gezielt angegangenen Zerstörung der religiösen Einrichtungen des Landes, wie der Klöster und des Glaubens, wird auch die tibetanische Kultur in einem lang anhaltendem Vorgehen vernichtet. Gleichzeitig konstruiert Beijing jedoch auch ein neues Tibet auf den Trümmern seiner eigenen Hinterlassenschaft. Eine den Chinesen angepasste moderne Welt wird im Land errichtet. Lhasa wird zu einer modernen Stadt mit bester Infrastruktur ausgebaut. Eine neue Eisenbahnlinie, die selbst Geschichte schreibt, entsteht. Sie bringt viele neue chinesische Soldaten nach Tibet, – zum Schutz vor Terroranschlägen, wie es offiziell heißt.

Mit den Soldaten kommen auch ihre Familienangehörigen. Tibets Städte dehnen sich aus, – mit Chinesen. Der einsetzende wirtschaftliche Aufschwung bringt Wohlstand für alle, die sich der neuen Zeit und Macht unterwerfen.
Das tibetanische Volk wird vertrieben, zwangsweise umgesiedelt, inhaftiert, flieht aus dem Land oder wird ermordet. Die alten Tibeter bleiben im Land, wenige junge auch. Sie wollen Widerstand leisten. Doch sie zahlen dafür einen mehr als nur hohen Preis. Die Welt schaut zu – und schweigt, um ihre guten Handelsbeziehungen auf dem zukunftsorientierten, großen Markt China nicht aufs Spiel zu setzen.
Die nachrückenden Chinesen nehmen das Land für sich ein. Mit der Zeit sinkt die Zahl der Tibeter im eigenen Land, während gleichzeitig die Bevölkerungszahl ausländischer, chinesischer Menschen ansteigt. Die Geburtenrate, die in China schon stark reguliert ist, wird in Tibet künstlich weiter reguliert, – zum Nachteil des tibetanischen Volkes und zum Vorteil der Chinesen.
In öffentlichen chinesischen Geburtskliniken und Krankenhäusern sterben Kinder tibetischer Eltern schon bei der Geburt, in der Wohnung und im eigenen Heim überleben sie alle, wenn sie heimlich geboren werden. Kommen keine Kinder mehr, stirbt ein Volk auf ganz natürliche Weise aus. Beijing erreicht so sein Ziel der „Annektierung Tibets auf natürlichem Weg“.

Lhasa

Ein Ausschnitt aus dem Zentrum des heutigen Stadtkerns von Tibets Hauptstadt, Lhasa – die Hauptstadt der Sonne, mit einer gut ausgebauten und für Touristen kompakt gelegenen Infrastruktur der Sehenswürdigkeiten.

Buddha

Ein Buddha wie man ihn kennt und doch so sicher nicht erwartet. Doch der Buddhismus, der oft irrtümlich als Religion bezeichnet wird, ist eine Philosophie in der sich alle Sichtweisen einfügen lassen. So können sich innerhalb des Buddhismus auch wieder Religionen bilden. Es gibt hier keine starren Gesetze und Normen. Der ‘Edle achtfache Pfad’ gilt jedoch in allen Ausprägungen als freiwilliges Hilfsmittel für den geistlich-spirituellen Gebrauch. Selbst alle weiteren, anderen Konfessionen und Glaubensrichtungen werden vom Buddhismus geachtet und respektiert. Ein Anspruch auf alleinige Rechtmäßigkeit, wie beispielsweise in den monotheistischen Religionen, ist hier nicht vorgesehen und auch nicht mit buddhistischen Grundsätzen vereinbar.

Der im Alter von ungefähr 35 Jahren aus der Verblendung der Leiden, der Samsāra – wörtlich: Wanderung – erwachte (Shākyamuni)-Buddha, Siddharta Gautama aus Indien, beschließt, den Dharma – allgemein gesagt: seine Befreiung hin zum Erwacht-Sein – zu lehren. In den folgenden Jahren – man geht hier von 45 Jahren der Wanderschaft aus – zieht er als weiser Lehrer durch das Land und verkündet seine Lehren. Er verbreitet seine spirituelle Sichtweise nicht nur in Vorträgen und Reden, er lebt sie auch als überzeugter Idealist vor. Obwohl er ‘nur’ das Gangesgebiet bereist, breitet sich die neue Idee vom Weg der Erleuchtung innerhalb weniger Jahre weiter aus und gründet viele neue Traditionslinien. Nach dem weltlichen Tod Buddhas geht die Führungsrolle an Mahākāshyapa über. Die Versammlung der 500 Arhats – Heilige der höchsten Stufe – wird einberufen, um das Vermächtnis des historisch gesehenen ersten Buddha für die Nachwelt in schriftlichen Worten festzuhalten.
(Dem historischen Buddha gehen bereits sechs frühere Buddhas voraus, die jedoch nicht die höchste Stufe erreichen, die der historische Buddha Gautama erlangt. Sie werden auch als Dhyani-Buddha bekannt, eine vorbuddhistische Richtung, die sich in religiösen Schemen verfängt und durch diese Dogmen nicht über die Grenzen hinaussehen. Sie beginnen, aus diesem Zustand heraus soziale Strukturen und eine frühe Form der „Sozialarbeit“ einzuführen.)

Aus dieser Versammlung, die auch als das Erste Konzil bezeichnet wird, geht die Tripitaka, der Dreikorb hervor, der zum Kern der Schriften wird, die den Buddhismus begründen. Es entstehen Klöster und besondere hoch entwickelte, intellektuell-spirituelle (Lebens)Gemeinschaften. Untereinander bilden sie ein eng verflochtenes Netzwerk. Diese mehr als gut organisierten und effektiv arbeitenden Gemeinschaften betreiben einen regen Austausch an Informationen und neuen Ideen. Während sich dabei auch neue Richtungen in der Sichtweise und Auffassung ergeben, breitet sich die Idee des Buddhismus schnell im asiatischen Raum aus.

Beinahe 100 Jahre nach dem Ersten Konzil folgt das Zweite Konzil. Hier wird versucht, die unterschiedlichen Sichtweisen zu bündeln und ein einheitlicher Weg soll gefunden werden. Insbesondere wird bei dieser Versammlung der Arhats auch die Annahme von Geschenken, wie Gold und Silber, schwer verurteilt. Der Versuch, eine Einheit zu erhalten, scheitert. Verschiedene Sichtweisen und spirituell-philosophische Richtungen bilden sich heraus. Einige von ihnen bilden neue Religionen. Andere Sichtweisen gehen davon aus, dass der Buddhismus noch nicht ausgereift ist und sich erst noch entwickeln muss, weshalb noch neue Ideen und Philosophien einfließen müssen.

Hier zeigen sich schon zwei große, unterschiedliche Gruppen auf: die der Theravādins, eine konservative Gruppe aus alten Mitgliedern, und die der Mahāsānghikas, die den Dharma noch als fehlbar und entwicklungsbedürftig ansehen. Sie wollen noch weiter suchen und lernen.
In den folgenden Jahren entstehen viele weitere Schulen. Die Richtungen breiten sich aus und trennen sich voneinander. Jede Sichtweise sucht ihre eigenen Anhänger in ihren eigenen und neuen Ländern. Besonders nach dem Dritten Konzil, das zur Zeit des Königs Ashoka stattfindet, wird diese Trennung, die sich in einem Minimalkonsens jedoch inhaltlich trifft, überdeutlich.
Mit dieser Entwicklung zeigt sich auf, dass es sich bei dem Buddhismus nicht um eine Religion handelt, die nach festen Dogmen geführt wird, sondern um eine Philosophie, die alle Meinungen und Sichtweisen in sich zulässt – selbst dann, wenn sie aus der Idee heraus wiederum Religionen und religiöse Sichtweisen bilden.

Im Gegensatz zu den monotheistischen Glaubensrichtungen der Juden, Christen oder des Islams, die nur ihre eigene Religion und damit verbundene Sichtweise als richtig und wahrhaftig anerkennen, akzeptiert der Buddhismus in seiner übergeordneten Funktion jede Idee, Glaubensrichtung und Religion, sei sie nun monotheistisch, polytheistisch oder heidnisch ausgeprägt. Für buddhistische Überzeugung ist lediglich wichtig, dass jeder Mensch ‘seinen Sinn in seinem Leben findet’ und so auch den für ihn richtigen Pfad der Erleuchtung beschreiten kann.

Für Indien bestimmt König Ashoka die Theravādins zur einzig gültigen Auslegung. In großen Teilen Asiens besteht diese Schule heute noch. Mit dem folgenden Vierten Konzil kristallisiert sich eine Änderung des Buddhismus heraus. Erstmals wird das Konzil nicht nur von einem Arhat geführt sondern auch noch von dem Bodhisattva Vasmitra. Aus dieser Neuerung entsteht der Weg des Mahāyāna. Diese Schule wird auch als das ‘Große Fahrzeug’ bekannt. Mit ihm breitet sich der Buddhismus über Tibet und China bis in die Mongolei aus. Selbst in Japan, wo sich bereits der Shintoismus vertieft hatte, wird nun ebenso die neue Lehre aufgenommen. Mit dem Mahāyāna wird statt der Arhats jetzt der Bodhisattva als Ideal gesehen. Die ebenfalls neu aufkommenden Sūtras – Leitfäden – beschreiben deutlich erkennbar diese Auffassung. Der Unterschied zu den bisherigen Auslegungen besteht darin, dass der Bodhisattva für sich selber das Leben in Leiden dem Leben in Befreiung solange vorzieht, bis auch das letzte Lebewesen seine Befreiung gefunden hat. Erst dann wird auch er selbst den letzten Schritt vollziehen. Um diesen Weg des Leidens in Verblendung auszuleben, muss jedoch das schützende Kloster verlassen werden und das Leben selbst wird die gesuchte Herausforderung.
Mit dem Einfall der Hunnen in weiten Teilen Asiens scheint der Buddhismus vor seinem Ende zu stehen.

Gewalt siegt über Gewaltlosigkeit.
In seiner letzten Phase beginnt der Buddhismus jedoch noch einmal, einen neuen Anlauf zu wagen. Es entsteht eine neue Blütezeit mit dem ‘Diamantfahrzeug’, dem Vajrayāna, der aus dem späteren entwickelten Buddhismus des bereits in Indien gelebten Weges hervorgeht. Es entstehen neue Schriften, die als Tantras bekannt werden.

In Tibet entwickelt sich der Weg des Vajrayāna.
Unter König Trisong Detsen, der zwischen 755 und 798 lebt, breitet sich der Vajrayāna-Buddhismus schnell aus. Dabei entwickeln sich wiederum neue Schulen und Sichtweisen. Es folgt für die Buddhisten mit der Zeit, wie schon in anderen Teilen Asiens, eine Welle der brutalen Verfolgung.
Etwa um das Jahr 1050 beginnt eine neue Blütezeit des tibetanischen Buddhismus. Er fasst wieder Fuß. Es bilden sich erneut neue und andere Sichtweisen aus. Aus ihnen geht die Kagyü- oder auch die Sakya-Schule hervor. Später kommen noch weitere Linien hervor. Ab der Zeit des Mittelalters schließt sich Tibet ein. Eine Isolationspolitik soll den (Kirchen-)Weltanschauungsstaat mit seinem Glauben festigen, ausbauen und zu einem Höhepunkt bringen. Ein Klerussystem bildet sich heraus. Die Macht liegt nun bei den aufkommenden Dalai Lama. Das weltliche Regierungssystem wandelt sich in ein geistliches Weltbild. Lange Zeit bleibt Tibet für Außenstehende verschlossen. Tibet verpasst dabei den Anschluss an die neu aufkommende Zeit. Dem einst kriegerischen Volk der Tibeter steht nun ein wehrloses, dafür aber geistig erhöhtes tibetisches Kulturvolk mit sozialer Verantwortung gegenüber. Klöster und geistliche Lebensgemeinschaften breiten sich aus.

Mit dem Einmarsch der chinesischen Roten Armee wird der Buddhismus in Tibet verboten und verfolgt. Viele Tibeter fliehen aus dem Land. Wer bleibt, leistet passiven Widerstand. Die Klöster werden von den Chinesen geplündert oder entfremdet. Die geistliche Elite, die nicht geflohen ist, wird in Umerziehungslager gesteckt oder ermordet.

Mit der Flucht s. H. des 14. Dalai Lama aus Tibet bilden sich außerhalb des Landes neue Zentren, die die alten Traditionen, Ideen und Philosophie aufrechterhalten.
Die Flüchtlinge ziehen sich hauptsächlich in den Norden Indiens, nach Bhutan und Sikkim zurück. Doch der Buddhismus, und hier besonders der tibetanische Buddhismus, stirbt nicht aus – vorläufig. Die Galionsfigur des geistigen und weltlichen Tibets, der Dalai Lama, verbreitet die Idee sogar noch weltweit und macht sie fast so populär wie andere spirituelle und geistliche Ideen auch. Der Buddhismus hält weltweit Einzug. Der Versuch Chinas diese pazifistisch eingestellte Glaubensrichtung zu zerschlagen, scheitert kläglich. In Tibet selbst ist sie jedoch heute als Randerscheinung fast vom Aussterben bedroht.

Das Prinzip des Buddhismus liegt allgemein in seinem kleinsten gemeinsamen Nenner auf den ‘Vier edlen Wahrheiten’ und dem ‘Edlen achtfachen Pfad’.
Um das Ziel des Menschen – Erleuchtung – zu erreichen, gibt es diese genannten Hilfsangebote. Diese begründen sich zuerst in den Wahrheiten, die Probleme des Lebens wahrhaft richtig zu erkennen und daraus folgernd auch zu meistern.

Im Prinzip kann hier in einer sicher mehr als einfachen Aussage festgehalten werden, dass alles was gezeugt wird und lebt bis zu seinem letzten unabdingbaren Zerfall leidet. ‘Die Wahrheit’ der vielen Wahrheiten des Lebens besteht somit darin, die Leiden zu erkennen und für sich zu beseitigen. Diese Leiden lassen sich in allen Funktionen und Abläufen des Lebens erkennen, in der Geburt und im Tod, der auf jedes Leben unausweichlich einwirkt, ob man sich dieser Sichtweise und Verantwortung stellt oder nicht. Je früher man diese Sichtweise akzeptiert, desto schmerzloser wird der Weg des Lebens aus Leiden, da man sich schon auf das bestehende Ende vorbereitet hat.

Weitere Leiden ergeben sich beispielsweise aus Kummer und Schmerzen allgemein, oder auch der Verzweiflung, wenn man sich gesteckten Zielen nicht zuwenden kann, unabhängig davon, ob sie nun menschlicher Natur, also in der Liebe, oder in ideeller Sichtweise, in Bildung oder einem besonderen oder auch vollkommenen, gesundheitlichen Leben liegen.
Mit anderen Worten muss hier gesagt werden, dass die wahrhaften Leiden aussprechen, dass das Leben nicht perfekt und vollkommen ist. Es ist grundsätzlich fehlerhaft. Die logische Folge aus diesen einfachen Worten ergibt, dass kein Lebewesen über oder unter einem anderen Leben steht oder stehen kann, da nur die Vollendung über allem steht. Jeder Mensch aber leidet sein Leben lang, es sei denn, er erkennt dieses Dilemma.
Diese Fehleinschätzung westlicher Menschen, perfekt und vollkommen zu sein, basiert auf der nicht mehr vorhandenen Begriffswelt der natürlichen Dinge und Abläufe, wie sie die Natur vorgibt. So entsteht das Leiden aus dem Wunsch zu besitzen, etwas zu begehren, was man noch nicht hat. Bis man dieses Etwas aber in seinen Händen halten kann, entstehen Neid, Hass oder auch Gier.

Selbst die Einbildung besitzen zu müssen kann zu Wahnvorstellungen führen. Wenn man dann jedoch besitzt, so entstehen neue, andere Leiden die den Menschen quälen. Man will seinen Besitz ja nicht wieder verlieren oder mit anderen Menschen teilen. So aber entstehen Eitelkeit und Stolz des Besitzenden, die sich mit der Angst des Verlustes vor anderen Sichtweisen und Leben gegenseitig auftürmen. Eine neue Idee oder ein fremder Mensch könnte ja den Besitz auch wollen. In extremen Formen liegt hier der Grundstein für Ausgrenzung und Herabwürdigung anderer Lebewesen, um sie nicht an dem was man selber hat, teilhaben zu lassen. Auch entstehen hier beispielsweise sichtbar Erscheinungen wie Intoleranz gegenüber Kranken, Behinderten oder ethnisch erkennbar anderen Kulturen, die ‘ja sicher nur schlecht sind und ihre Art hinter einer Maske verbergen um den Besitzenden zu schädigen’.
Dabei ist alles bedeutungslos und unbeständig.

Ein weiteres Hilfsmittel um die Wahrheiten des Lebens zu erkennen und so auch zu begreifen, ist der ‘Edle achtfache Pfad’. Er untergliedert sich in die drei Bereiche der Weisheit – prajňā, der Moral – shīla – und der Sammlung – samādhi. Die Weisheit setzt richtiges Verstehen und Denken voraus. Sie werden durch das Prinzip der Logik ausgeprägt, verbunden mit Bildung in allen Bereichen. Die Moral meint hier richtige, wahre Rede, darauf basierend richtiges Handeln, was gemeinsam zu einem korrekten Lebenserwerb führt. Alles zusammen führt zu der Sammlung im Geist. Eine richtige, korrekte Anstrengung, die auf voller Konzentration basiert, führt zu einer richtigen, geschärften Aufmerksamkeit, zu mehr Achtsamkeit. Diese beiden Punkte zusammen führen zu noch mehr Konzentration und Hingabe.

Das philosophische Lebensprinzip, wie es auch schon angedeutet wurde, steht im Kreislauf nicht nur des Lebens, sondern ‘der Leben’, der Reinkarnation aus Geburt und Wiedergeburt. Aus dieser besonderen weltlichen Sichtweise ergeben sich die neun Ebenen des Daseinskreislaufes. Sie werden in dem sinnlichen Bereich der Empfindungen, des körperlichen Bereichs der Leiden und des körperlosen Bereichs, in geistiger und spiritueller Form gesehen. Hierbei wird in der höchsten Form des körperlosen Bereichs der Kreislauf des Bodhisattva beschrieben, der solange nicht einkehren will, bis auch das letzte Leben seinen Weg gefunden hat. Um dieses Ziel zu erreichen, muss er zwangsläufig das Prinzip der Reinkarnation anerkennen.
Der Tod ist demnach kein Tod. Mit ihm beginnt lediglich ein neues Leben in einem anderen (Lebens)Abschnitt. Der Mensch selber muss so aber geistiger Natur sein und nicht körperlich, außer für die kurze Zeit seines jeweiligen Leidensweges auf der Welt aus Verblendung. Dort aber kann nur der wahrhaft selbstlose Mensch die Blindheit überwinden und die reale Welt des Daseinskreislaufes aus Leiden erkennen, der zum Pfad des Lebens wird.

Mit dem Aufkommen der Kagyü- und der Sakya-Tradition wird die aus Indien stammende Literatur buddhistischer Sichtweisen und Ideen in die tibetanische Sprache übersetzt und sogar mit in die tibetischen Verse übernommen. Hierbei gelangen auch Kommentare tantrischer Schriften nach Tibet.

Ab 1300 beginnt eine neue Phase des Buddhismus in Tibet. Reformatoren begründen eine weitere Schule. Das vierte Standbein des Buddhismus in Tibet wird die Schule des Gelug. Wiederum werden weitere, neue Sichtweisen verfasst und in Umlauf gebracht.
In den entstehenden Schriften finden sich auch viele für den Menschen einfache Geschichten wieder. Es handelt sich hierbei um Fabeln, mit denen Situationen oder auch soziale und gesellschaftliche Handlungsweisen erklärt werden. Auch wird darin die negative Sicht- und Vorgehensweise beschrieben, wenn man sich nicht an bestimmte ethische Normen hält. Oftmals erinnern diese Geschichten an Märchen, wie wir sie auch von den Gebrüdern Grimm oder aus anderen deutschen und europäischen Kinder- und Märchenbüchern kennen.
Sogar Parallelen zwischen unseren Märchen und tibetanischen Fabeln kommen dabei zum Vorschein.
Die bekannten ‘Bremer Stadtmusikanten’, – Esel, Hund, Katze und Hahn, – finden in den buddhistischen Fabeln der Kandjur, und auch alten Sanskritquellen, ihre vergleichbaren Gegenstücke. Hier geht es um die geistige Übereinstimmung zwischen einem Elefanten, Affen, Hasen und Rebhuhn. Die Bedeutung liegt darin, dass, wie unterschiedlich die Lebewesen auch sind, so gleich sind sie einander. Sie gehören in einem friedlichen Miteinander alle zusammen, ohne Ausgrenzung, Diskriminierung oder sogar Rassenhass. Ohne Hass und Gewalt unter den Leben kann es nur Frieden und Freiheit für ein jedes Wesen geben. Gemeinsam bildet man die Gemeinschaft, in der man sich gegenseitig braucht. Diese Fabel selber ist auch als Sinnbild für eine gemeinsame Welt vereinigter Nationen zu verstehen, in der jedoch das individuelle Leben des jeweiligen Individuums gestärkt werden muss, um eine große Gemeinschaft zu erzielen. Eine Gleichmacherei führt zu Ausgrenzung. Nur wenn die Wesen sich ihrer Unterschiedlichkeiten bewusst sind, erkennen sie, dass sie alle voneinander abhängig sind. Dabei wird ein jedes Leben überaus wertvoll und brauchbar, wie unterschiedlich und anders es auch im ersten Augenblick erscheint.
Selbst die Fabel ‘Der Pfau als Bräutigam’ ist durchaus auch auf eine europäische Weltsicht zu übertragen. Welcher Liebhaber protzt nicht mit dem, was er hat oder zu haben glaubt, bis er sein jeweiliges Ziel erreicht hat: Die Braut, die dem äußeren Erscheinungsbild verfällt und sich davon blenden lässt.
Braut und Bräutigam sind jedoch nur wieder Symbole für alles was es im Leben so gibt.
Werbung ist so ein Pfau. Sie suggeriert der Braut, dem potentiellen Käufer, das Produkt besitzen zu müssen, ob man es nun wirklich braucht oder nicht, ist schließlich eine andere Frage. Hat man es aber, so darf man gerne auch damit weiterprotzen. Es sei denn, man erwacht aus seiner Verblendung und erkennt, wie wertlos und sinnlos das erworbene Ding doch ist. Was kann man damit schon anfangen und wofür braucht man es überhaupt?
Eine Sammlung dieser wunderbaren Fabeln in deutscher Sprache, ist als Kinderbuch ‘Perlen alttibetischer Literatur’ nachlesbar.
Buddhistische und speziell auch tibetanische Märchen allgemein – wie beispielsweise auch ‘Der Weise und der Tor’ – kann man heute überall nachlesen. Da sie jedoch mit landestypischen Namen und Begriffen durchsetzt sind, dadurch schwer verständlich, müssen sie in Begleitung der Eltern gelesen werden. Doch nicht nur Kinder sondern auch Erwachsene finden Interesse an diesen besonderen Ausführungen des Lebens.
Die Jataka Geschichten gibt es zum besseren Verständnis auch als Comic. Doch auch diese Geschichten, seien es nun Legenden, Märchen, Fabeln oder einfach nur Erzählungen aus anderen Zeiten und Welten, spiegeln sich immer auch in vergleichbaren Kinder- und Jugendbüchern Europas und der Welt allgemein wider. Der Lehr- und Lernauftrag solcher Literatur ist für Kinder weltweit fast identisch anzusehen.

Mit Sicherheit können im Hinblick auf die Literatur hier auch die Werke des Dalai Lama und anderer Schriftsteller selbst aufgeführt werden. In ihnen wird die Sichtweise des buddhistischen Glaubens auch für westlich orientierte Menschen dargestellt. Jedoch nicht nur Literatur allgemein, sondern auch die Sichtweise, speziell des tibetischen Buddhismus werden in den Vorträgen des 14. Dalai Lama in Harvard, die ebenso als Buch zu erhalten sind, gut für Anfänger und mögliche Einsteiger beschrieben.
Im Gegensatz zu der europäischen Sichtweise arbeiten tibetanische Künstler und Autoren oft mit Bildern. Bilder erzählen mehr, als Worte sagen können. Auch lässt der Geist sich eher auf ein Bild, als auf eine teilweise abstrakte, schlecht zu beschreibende und damit nicht real nachvollziehbare Welt ein.
Die Erklärung des irrationalen Seins kann oft nur in abstrakten Bildern oder auch optischen Täuschungen sowie in vordergründigen kunstvollen Szenen auf leerem Hintergrund dargestellt werden.
Das Verständnis für das nicht verstandene, aber gesehene Bild ist größer als die unverständlichen Worte, die man nicht einmal nachvollziehen kann.
Wie will man damit auch begreifen was überhaupt angedeutet wird?
Der Sinn selber verliert seine Aussage und macht sich durch Unverständnis auch noch unattraktiv. Dieses Problem wird in der Kunst und Kultur Tibets verstanden. Die Bildersprache dieses traditionellen Volkes ist herausragend einmalig. Impressionen beschreiben und erzählen hier mehr als Worte auszudrücken in der Lage sind, unabhängig davon, wie irreal und phantastisch sie im ersten Moment auch erscheinen – sofern man noch über einen freien Geist verfügt um eine Sichtweise oder Interpretation in solch einem Werk zu erkennen.

Teppich-Fragment

Kulturelle Impression aus einer faszinierenden Welt, die westliches Denken und Sichtweisen auf den Kopf stellt.
Vorgestellt wird hier ein Fragment aus einem kunstvoll gearbeiteten Teppich mit kulturell religiösem Motiv einer Geschichte aus der Literatur.

Auch Rudyard Kipling hat sich bereits vor langer Zeit dem Thema Tibet in seiner Erzählung: ‘The Man Who Would be King’, verfilmt als ‘Der Mann der König sein wollte’, auf eher mythisch-mystische Weise gewidmet – aus der Sicht des in Indien lebenden Europäers und Freimaurers der viktorianischen Zeit.
Zwei aus britischer Armee entlassene Soldaten, Peachey und Dravot, suchen ihr Glück in Asien. Sie hören von dem sagenumwobenen Land Kafiristan, das irgendwo ganz oben im Himalaja liegt. Noch nie soll ein Mensch, der dieses Land aufgesucht hat, wieder zurückgekommen sein. Große Schätze solle es dort geben, die nur darauf warteten, gehoben zu werden. Ein primitives Volk würde dort leben, um ebenso erobert zu werden. Mir diesem grotesk verklärten Kafiristan ist Tibet gemeint.
Diese beiden englischen Soldaten machen sich verkleidet auf den Weg und erreichen vereint mit letzten Kräften ihr El Dorado im Himalaja, nachdem ihnen unterwegs Geister, die auf die Bön-Religion verweisen sollen, den Weg zu versperren versuchen. Doch das Glück ist auf ihrer Seite. In jenem Land der Kleinstaaterei, das sich im Bürgerkrieg befindet, finden sie einen nepalesischen Gurkha, der den Briten dienlich zur Hand geht. Gemeinsam erobern diese drei Helden ganz Kafiristan, ein Land, in dem frühzeitliche Lebensweisen und brutale Gewalt herrschen. Historisch gesehen lässt Kipling die Geschichte demnach in der Zeit spielen, da Tibet von der nepalesischen Armee besetzt ist. Dass es sich bei dem seltsamen Land Kafiristan auch wirklich um Tibet handelt wird aus den Beschreibugen deutlich, die Kipling verwendet, als er die Szenen auf dem höchsten Berg der Welt, im Kloster der Priesterkultur beschreibt, die in einem der englischen Soldaten einen Nachfahren des früheren Alexander des Großen zu erkennen glaubt.
Die Priester selbst leben in erhabener, erleuchteter, spiritueller Grazie, mit Anmut und deutlich sichtbarer innerer Stärke.
Dieser Nachfahre Daniel Dravot, im Film von Sean Connery dargestellt, erbt den gesamten Goldschatz seines einstigen Vorfahren und Eroberers Alexander, den die Priester seit ewigen Zeiten dort aufbewahrt haben um ihn für seinen rechtmäßigen Besitzer zu hüten. Kipling, selber Mitglied einer Loge, verklärt und inszeniert das Machwerk auch noch mit der Idee der Freimaurerei. Auf einem großen Obelisken, der den Eingang zur Schatzkammer hütet, finden sich die geheimnisvollen Zeichen: das Alles-sehende-Auge, der Zirkel und das Winkelmaß. Durch diese Szene deutet Rudyard wieder auf Tibet hin, da es dort üblich war, besondere Ereignisse in großen Steinsäulen und Obelisken zu verewigen. Eine weitere für Tibet typische Szene zeigt, wie Sean Connery alias Daniel Dravot, der zwischenzeitlich zum Gottkönig aufgestiegen ist, von der Hängebrücke in die Tiefe stürzt und ewig lange fällt, bevor er schließlich ganz unten aufschlägt. Mit diesem extrem in die Länge gezogenen, fast unendlichen Fall beschreibt Kipling die enorme Höhe der Berge des Himalaja und den tiefen Fall der Menschen die glauben Könige oder Gott zu sein, – wo sie auch noch ihren Kopf verlieren – aus den Wolken hinunter auf die todbringende, ganz normale, menschliche Erde, während die Welt der Wolken und die geistigen Sphären darüber mit Reichtum und Schönheit in Frieden und Freiheit bestückt sind. Nur die Erde ganz unten ist schlecht und böse. Dort lebt Abschaum und Dreck in Sünde und Schande. Von dort kommen Soldaten, Krieger und Lügner die sich an den Schätzen der Schönheit bereichern wollen, nicht aber die sind, für die sie sich ausgeben.

Tibet   Tibet

Das Leben in diesen Höhen spiegelt sich in seinen eigenwilligen Formen wider. Die Bauweise, die noch von alter Tradition zeugt, und der damit verbundene Lebensstil der Menschen passen sich den Gegebenheiten des Klimas und der Umgebung an. Der Anteil des lebensnotwendigen Sauerstoffes in der Luft ist in diesen Höhen weitaus geringer als in Europa oder anderen Teilen der Welt üblich. Dieses kann zu Müdigkeit und schneller Erschöpfung führen, selbst bei geringer Anstrengung.

Die von Beijing erfolgreich geförderte Umsiedlung von Chinesen nach Tibet führt dazu, dass die Tibeter im eigenen Land mit der Zeit zu einer bedeutungslosen Minderheit geworden sind. Lockende Versuchungen in Form von großzügigen Geldgeschenken im Lohn oder auch Prämien, spornen die Chinesen an, in Tibet zu siedeln. Auch zusätzliche freie Tage und Sonderurlaub fördern das Interesse chinesischer Pioniere an diesem sehr dünn besiedelten, weiten und ‘noch unzivilisierten und wilden Land’. Den heute knapp noch 5 Millionen Tibetern stehen bereits fast 8 Millionen Chinesen gegenüber.
Jeder chinesische Neuankömmling erhält sofort eine Arbeitsstelle. Tibeter die diese Stelle innehaben, müssen sie zwangsweise abgeben und werden in die Arbeitslosigkeit, die es in diesem ‘kommunistischen’ System Chinas offiziell nicht gibt, abtreten. Da es keine Arbeitslosigkeit gibt, erhält der Tibeter ohne Beschäftigung auch keine Unterstützung. Damit wird er zur Gefahr für die öffentliche Sicherheit, denn er kann ja durch Kriminalität, wenn er überleben will, seinen Lebensstand sichern.
Die ethnisch-religiöse Ausgrenzung der Tibeter und das öffentliche Vorgehen gegen kleine Händler und Arbeitnehmer steigert sich so weit, dass Erinnerungen an eine vergleichbare Zeit in Deutschland akut werden. Tibetanische Händler und Geschäfte werden boykottiert. Wer gegen die Diskriminierungen der Chinesen gegen die Tibeter aufbegehrt wird mit Strafmaßnahmen belegt.
Gehorsam und eine Mentalität des ‘nichts-sehen-wollen’ wird großzügig gefördert. In der ethnischen Zweiklassengesellschaft, stehen die Tibeter auf unterster Stufe. Sie dienen den Herren aus China – wenn sie dazu überhaupt noch gebraucht werden. Ohne Einkommen haben sie keine Chance zu überleben. Entweder müssen sie das Land verlassen, oder sie werden zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Die Gründe dafür sind oftmals mehr als fragwürdig. Es genügt einfach schon, Tibeter zu sein. Gründe finden sich dann immer.
Sprachlich gilt nur Chinesisch. Die tibetanische Sprache wird in der Öffentlichkeit und an den Arbeitsplätzen nicht anerkannt.
Manche der großen Städte wurden nach dem Einmarsch chinesischer Truppen errichtet. Sie werden heute oftmals nur von Chinesen bewohnt. Andere Städte bestehen teilweise nur noch zu 5 bis 10 % aus Tibetern.
Nach Demonstrationen gegen die Politik Beijings wurden Mönche und Nonnen inhaftiert und häufig ohne Anklage zu langjährigen Haftstrafen verurteilt, wenn sie überhaupt verurteilt werden und nicht sogar ohne Verhandlungen spurlos irgendwo verschwinden.
Weitere Gründe für politische Verfolgung sind unter anderem die Verbreitung von Flugblättern, die öffentliche Verwendung der tibetanischen Fahne oder kritische Unterhaltungen mit Touristen, um sie über die Vorgänge im Land zu informieren.
Einzelhaft und Folter sowie gewaltsame Blutentnahme bei Gefangenen gehören zu den üblichen Vorgehensweisen. Stockschläge und Elektroschocks sind insbesondere bei Frauen üblich. Die Vergehen reichen bis zu Vergewaltigungen bei Nonnen. Auch Hunde werden auf nackte Gefangene gehetzt.
China schreibt den Frauen vor, wann sie ein Kind bekommen dürfen. Dafür bleibt die Zeitspanne von 10 Jahren zwischen dem Alter von 25 bis 35 Jahren. Kinder, die vorher oder nachher gezeugt werden, müssen abgetrieben werden. Dieses gilt in Tibet auch für tibetische Frauen. Werden früher oder später heimlich Kinder geboren, erfolgt entweder eine Bestrafung der Frau und Familie, oder aber eine Zwangsabtreibung wird zuvor durchgesetzt, unabhängig wie kurz oder lang vor der möglichen Geburt. Nach nur einem Kind erfolgt im Regelfall eine Zwangsterilisation der Frau. Wer dieser Maßnahme freiwillig zustimmt, erhält dafür eine Prämie in Höhe der Kosten für die ärztliche Maßnahme, die selbst finanziert werden muss. Zusätzlich wird diese Frau dafür noch öffentlich gelobt. Behinderte Frauen, was auch immer die Regierung in Beijing darunter versteht, werden grundsätzlich zwangsweise sterilisiert. Sie sind unfähig für Kinder und gelten damit als wertlos in der Gesellschaft. Gedanken an eine Euthanasie sind nicht zu vermeiden, besonders wenn der Aspekt berücksichtigt wird, dass in öffentlichen Krankenhäusern geborene tibetische Kinder erstickt, zu Tode gespritzt oder mit kochendem Wasser getötet werden. Ärzte und Krankenschwestern, die sich weigern mitzumachen, werden entlassen. Zwangsabtreibungen unter tibetischen Frauen sind nicht selten.
Die Zerstörung des Landes durch Raubbau der Ressourcen und der Missbrauch als chinesisches Atombombentestgebiet ist hier nur ein weiteres Mosaik in dem Bild, vor dem die Welt die Augen verschließt. Die aufgeführten, ‘sehr harmlosen’ und auch noch für den Leser vertretbaren, jedoch bei weitem nicht allen Auflistungen und auch nicht in ihrer vollen Brutalität beschriebenen Schilderungen stammen von Aussagen überlebender, geflüchteter Opfer, Zeugen, die nicht mehr schweigen wollen und können, sowie von Menschenrechtsorganisationen. Für weitere Informationen bleibt es jedem Menschen frei, sich selbst bei geeigneten Stellen zu erkundigen.

Seit einiger Zeit gibt es das Blue Book, das Blaue Buch. Es ist einem tibetischen Reisepass nachempfunden der den Inhabern andeutet, dass sie durch ihre Beiträge für das tibetanische Volk zu einer Art ‘Staatsangehöriger’ Tibets werden. Mit der Unterstützung werden Flüchtlinge versorgt, Ausbildung und Schulen finanziert oder auch Klöster wieder errichtet. Durch dieses Solidaritätsbündnis für Tibet werden ebenso Folteropfer, besonders Frauen und Kinder, medizinisch und psychologisch betreut.
Ein Schulsystem und der Erhalt der tibetanischen Kultur, auch außerhalb des Landes in den Flüchtlingscamps, wird mit diesen Spendengeldern finanziert. Auch soll die tibetische Literatur in der Heimatsprache gefördert und erhalten werden.

Dass es den Chinesen hier nicht um eine Befreiung Tibets geht – eine nach chinesischem Diktum oft von ‘unwissenden und verklärten Romantikern’ angegebene Behauptung – ist auch daran erkennbar, da der Dalai Lama, um Frieden zu erreichen, China angeboten hat, Tibet solle als chinesische Provinz erhalten bleiben, wenn dafür die Menschenrechtsverletzungen und Verfolgungen an den Tibetern eingestellt werden.
Die Reaktion aus Peking ist eindeutig: Man erwartet dort den Tod des Dalai Lama.
Es geht demnach nicht um die Befreiung eines Volkes nach sozialistischem Weltbild. Ethnisch-religiös bedingter Mord an einem ganzen Volk basierte schon immer auf anderen Hintergründen, zum Vergleich denke man hier an einen ähnlichen, wenn auch nicht vergleichbaren Fall, den Genozid aus braunem Verlangen.

Der Versuch des sich wandelnden und gewandelten roten(?) China, hier ein Volk und seine Kultur zu beseitigen, scheitert seit 50 Jahren am Widerstand, der Hoffnung und dem Glauben. Jedoch ist die Situation in Tibet selbst anders als in den Flüchtlingslagern und bei den zwischenzeitlich weltweit lebenden Tibetern. Halten die Tibeter nur lange genug durch, werden sie stärker als je zuvor aus dem Martyrium hervorgehen.

Begriffserläuterungen

Arhat:
Der Heilige, der die höchste Daseinsstufe erreicht hat. In diesem Moment ist er sich der Gewissheit sicher auf der Ebene des Nicht-Mehr-Lernens angekommen zu sein und dass damit alle Fehler und Leiden des Lebens beseitigt sind. Das Ergebnis dieses Zustandes findet sich im Sopadhishetsha-Nirvāna.

Bodhisattva:
Den Begriff des Bodhisattva kann man als erleuchtetes Wesen ansehen. Diese Erleuchtung wird durch die vollkommene Lebensführung in allen Bereichen aus Tugend und Moral erreicht und führt schließlich zur Buddhaschaft. Das Ideal des Bodhisattva löst das Prinzip des Arhat ab, das als selbstsüchtig und nicht vereinbar mit der Idee des Buddhismus angesehen wird, da der Bodhisattva erst dann ins Nirvāna übergehen wird, wenn auch das letzte Leben dieses Ziel erreicht hat.

Buddhismus:
Ein Begriff aus der westlich abendländischen Kultur, der in seiner ursprünglich asiatischen Heimat als Buddha-Dharma bekannt ist.

Buddha:
Buddha ist die Bezeichnung für ein Leben, das erwacht ist. Es heißt: Der Erwachte.
Zu unterscheiden sind vier Bedeutungen des Buddha-Begriffes:
Es ist einerseits der, die vollkommene Erleuchtung erlangte Bodhisattva, der den Kreislauf aus Geburt und Tod, aus Sein und Nichtsein überwunden hat und damit die Freiheit des Nirvāna erlangt hat. (Siehe Bodhisattva.)
Weiterhin ist mit der Bezeichnung Buddha auch der erste, der historische Buddha, Siddharta Gautama aus dem Stamm der Shākyamuni-Dynastie gemeint.
Auch wird die Buddha-Natur und das Wesen des Buddha oft nur als Buddha, allgemein, bezeichnet.
Schließlich kann der Begriff noch für das Prinzip Buddha stehen. Es steht für unterschiedliche Erscheinungsformen des Buddha und auch für verschiedene Zeitalter in denen der Erleuchtete, je nach Glaubensrichtung, jeweils nur ein Mal erscheint.

Buddha-Dharma:
Es beschreibt die Lehre des historischen Buddha Siddharta Gautama.
Im Zen wird hier eine Unterscheidung vorgenommen.
Das Buddha-Dharma wird im japanischen Zen, dem dortigen Buppō, als Quelle des Buddhismus, als im geistigen Sinn unanfechtbare, erste und allgemeingültige Wahrheit angesehen. Aus ihr hat der historische Buddha seine Erkenntnis hin zur Buddhaschaft erlangt.

Buddha-Natur:
Die Buddha-Natur beschreibt die Natur aller Leben, wie sie unveränderlich und auf ewig ist. Eine extreme Sichtweise geht dabei von der Idee aus, dass in der Tat wirklich ein jedes Leben sowie auch die Seinsformen ohne Leben – was hier beispielsweise, vergleichbar, ein PC sein könnte – zur Natur des Buddha fähig ist.

Buddhaschaft:
Ist das Recht und auch das höchste Ziel aller Lebewesen, aus der Geburt entstehend, aus der Vollkommenheit des Urzustandes heraus, diesen vollkommenen Zustand durch Erleuchtung wieder zu erlangen.

Dharma:
Dieser vielfältige Begriff wird hauptsächlich als die Lehre Buddhas verwendet. Doch er geht weit über diese Verwendung hinaus. Er steht ebenso für ethische Verhaltensrichtlinien. Weiterhin steht er auch für geistige Prinzipien und Ideen oder für Daseinsfaktoren der Welt oder sogar für das allumfassende kosmische Gesetz der ‘Großen Ordnung’ wie auch die Wiedergeburt, der Reinkarnation, steht und stehen kann.

Nirvāna:
Wörtlich: Verlöschen. Dieses Austreten aus dem Kreislauf aus Geburt und Tod endet in einer anderen Existenz – Sphäre, Welt, Vorstellungsebene – die eine andere, eine geistige oder auch energetische Daseinsform, als die bisher bekannte Form des Lebens vorgibt.

Samsāra:
Steht für den Weg zum Ziel, für die Wanderung im Kreislauf der Daseinsformen durch Gier, Hass und Wahn, bestehend aus Geburt und Wiedergeburt nach dem Tod, der somit lediglich zu einem fortschreitenden Übergang, nicht aber zu einem Ende wird.

Shintoismus:
Der ‘Weg der Götter’, wie dieser Begriff übersetzt werden kann, entstammt aus der Frühzeit des japanischen Glaubens. Diese früheste Religion der Japaner entspricht einem strengen Katalog aus Glaubensbildern und systematischen Riten die aus dem pantheistischen Prinzip hervorgekommen sind. Er veränderte sich im Lauf der Jahrhunderte dadurch, dass er sich mit dem in China verbreiteten Bild des Konfuzianismus mischte. Später wurde noch aus der buddhistischen Philosophie die Gedankenwelt der Lehre teilweise übernommen. Ab 1868 wurde er laut Erlass des Kaisers Staatsreligion.

Sūtra:
Die Sūtra sind Lehrreden des historischen Buddha die im Ersten Konzil von seinem Schüler Ananda mit den Worten ‘Also habe ich gehört, dass’ zur Rezitation aufgeführt wurden um sie schriftlich zu erfassen. Sie werden wörtlich auch als Leitfaden bezeichnet.

Tripitaka:
Die ‘drei Körbe’ dieses ‘Dreikorbs’ sind der Korb der Lehrreden – Sūtra-Pitaka, der Korb der besonderen Lehren – Abhidharma-Pitaka und der Korb der Disziplin – Vinaya-Pitaka.

Vajra:
Steht für ‘Diamant’. Diese Bezeichnung darf nicht mit dem hinduistischen Vajra verwechselt werden, da Vajra dort einen völlig anderen Hintergrund aufzeigt und auch eine andere Bedeutung hat.
Vajra, was im tibetischen Sprachgebrauch auch als Dorje bezeichnet wird, steht für das Wahre, das Vollkommene, das Makellose und das Unzerstörbare der Leere. ( -> Vajrayāna-Buddhismus)

Hinweise zur Reise nach Tibet:
Grundsätzlich ist festzustellen, dass ‘kein Reisender die Absicht hat nach Tibet zu reisen’. Der Tourist will die Volksrepublik China besichtigen. ‘Tibet ist eine chinesische Provinz mit großer Autonomie.’ Das Visum wird somit für die Volksrepublik China beantragt. Innerhalb des Landes kann man weiter in jede Provinz reisen.
Die Fluggesellschaft KLM bietet hier interessante Angebote.
Ebenso gibt es auf China spezialisierte Reiseunternehmen die auch Ausflüge nach Tibet, und für Bergsteiger in den Himalaja zum Gipfelsturm auf die 8000er beinhalten.
Wer sich jedoch das Ziel setzt Tibet zu besuchen, sollte beachten, dass es wegen der extrem hohen Lage des Landes zu einer anderen Sauerstoffkonzentration in der Luft kommt. Besonders Touristen mit Herz-Kreislaufproblemen oder Asthmaanfällen sollten hier unbedingt vor Reisebuchung einen Arzt aufsuchen und gegebenenfalls ausreichend Medikamente oder eine in chinesischer Sprache ausgestellte ärztliche Bescheinigung bei sich tragen.
Sollte man sich allerdings wirklich für ein Reise nach Tibet – China – entscheiden, so muss sich jeder Tourist vorab selber fragen, was man dort sehen will? –
Das Dach der Welt? Eine verklärte, mystifizierte Märchenwelt des tibetanischen Buddhismus mit lustig lächelnden Menschen in bunten Farben? Eine imposante, überragende, monumentale Landschaft?
Reiseveranstalter die nur mit diesen Punkten werben, sollten mit Vorsicht genossen werden, besonders wenn sie den gewaltsamen Einmarsch der Roten Armee als ‘friedliche Befreiung’ beschreiben, die ‘nur zum Wohle der Tibeter erfolgt ist’. – Oder will man auch mit offenen Augen die Wahrheit sehen?
Der Österreicher Heinrich Harrer war Augenzeuge dieser ‘friedlichen Befreiung’. Er lebte schließlich damals in Tibet.
Wenn man aber die Wahrheit sieht und vielleicht auch schon kennt, will man dann wirklich nach Tibet oder überhaupt nach China reisen und mit seinen dringend benötigten Devisen das Vorgehen auf dem Dach der Welt weiter finanzieren?

Für Interessenten des Buddhismus:
Bevor man sich für einen Schritt entscheidet dessen Tragweite zuvor noch nicht abzusehen ist und man dabei mit dem Gedanken spielt sich näher und tiefer mit Buddhismus und dem Glauben zu befassen, wird dringend empfohlen, sich vorab bei einer örtlichen buddhistischen Gruppe zu informieren und vielleicht einmal eine Probesitzung zu absolvieren. Man kann hierbei auch mehrere verschiedene Gruppen aufsuchen, da es wie im Text bereits erwähnt, viele verschiedene Richtungen innerhalb des Buddhismus gibt. Für einen Laien sind diese teilweise doch speziellen Unterschiede nicht (sofort) erkennbar oder nachvollziehbar.
Empfehlenswert ist, wenn man sich nicht entscheiden kann welche Gruppe oder Richtung für wen geeignet erscheint, dass zuvor der buddhistische Dachverband, die Deutsche Buddhistische Union, DBU, in München kontaktiert wird. Hier sind teilweise auch österreichische Gruppen eingetragen. Die schweizerischen Gruppen sind im eigenen Landesverband organisiert.

(Angaben ohne Gewähr – Stand 2006)

Jürgen Kirschner