Die Trachtenlederhose – im richtigen Outfit zum Oktoberfest

Was gibt es anerkennenswerteres, als schon zu Lebzeiten ins Museum zu kommen und dennoch mitten im Leben zu stehen. Eine solche Ehre wird nur herausragenden Berühmtheiten oder Gegenständen zu Teil, die sich über längere Zeiträume hinweg auf beeindruckende Weise von der Masse abgehoben haben. Eine solche lebende Legende ist zweifellos die zünftige Trachtenlederhose.

Der einfache Mann aus den Bergen trug und trägt sie, nicht weniger die Prominenz mit Hang zur Extravaganz. Im Trachtenlederhosenmuseum kann der Kulturtourist ihre Urahnen bestaunen und diese bis in jede Einzelheit studieren – ganz ohne Hemmungen und aus nächster Nähe. Niemand muss zum Stillhalten aufgefordert werden, um sich etwa den fein ausgearbeiteten Stickereien am Hosentürl oder dem seitlich angebrachten Messersack hingeben zu können. Da sollte der geneigte Lederhosenfreund schon Zeit mitbringen, denn mit reiz- und bedeutungsvollen Details haben die Säckler (Lederhosenhersteller) noch nie gegeizt – weder in der Vergangenheit, noch in der Gegenwart. Vor allem aber wussten sie, dass nur hält, was wirklich taugt. Nicht umsonst geht die Linie der Trachtenlederhose in ihrer Entwicklung auf die Arbeits- und Diensthose zurück. Da war man mitunter nicht zimperlich im Umgang mit seinem ledernen Beinkleid. Kaum ein Ausgangsmaterial war strapazierfähiger als sorgfältig gegerbtes Leder vom Wildbock, Hirsch, Gams oder Rind. Aber selbst als Trachtenlederhose des 21. Jahrhunderts, als Bekleidungsstück also, das von der Arbeitshose quasi zum modisch extravaganten Prestigeobjekt mutiert war, kann die Trachtenlederhose nicht auf ihre unverwüstlichen Qualitäten verzichten. Daher genügt es nicht, ihre vielfältigen Ausprägungen nur im Museum zu studieren.

Wer die Trachtenlederhose also in voller Aktion und Prachtentfaltung direkt am stolzen Träger erleben will, der muss vor Ort sein: auf dem größten Volksfest der Welt, dem Münchner Oktoberfest. Auf keiner Festveranstaltung treten Exemplare und Unikate der Trachtenlederhose derart massiv auf, wie hier. Während sich besonders die Umzüge, vor allem der spektakuläre Einzug der Wiesnwirte, dazu eignen, die Trachtenlederhose im Zusammenhang mit den verschiedenen lokalen und regionalen Trachten zu bestaunen, kann man sich in den Wiesn-Zelten gelegentlich davon überzeugen, was eine ordentliche Trachtenhose so alles aushält. Hier endlich bietet sich auch für jene noch etwas verklemmten oder heimlichen Liebhaber von Trachtenlederhosen die Gelegenheit, den Traum zu verwirklichen – sofern man beim Kauf keinem billigen Plagiat aufgesessen ist. Das würde von den Einheimischen sofort erkannt und mit einem geringschätzigen Lächeln abgetan. Ihr unbestechliches Auge sieht sofort, ob der Taschensaum mit unpassenden Kitschapplikationen verziert wurde, oder ob die Schmuckformen dem tradierten Motivrepertoire alpiner Ornamentik entstammen, die in Relief- oder Plattstickerei in Handarbeit angearbeitet wurden. Ohnedies lässt sich der alteingesessene Bayer so schnell nicht hinters Licht führen, doch erkennt er an, sobald der Oktoberfest-Tourist, wenn schon nicht die komplette Montur, dann doch wenigstens ein authentisches Einzelteil vorweisen kann. Und ob ein Mannsbild auf dem Oktoberfest ein Original oder eine Fälschung ist, bleibt auch dem Besucher nicht verborgen. Denn ein echter Trachtenfan belässt es nicht bei der sorgsam ausgesuchten Trachtenlederhose nur für den Wiesn-Besuch. Er kleidet sich konsequent trachtig: vom Kopf bis zu den Haferlschuhen. Schließlich möchte niemand die Schmach erleiden, sich aufgrund unpassender Kleidung auf dem Oktoberfest deplatziert zu fühlen.

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