Der Narr

Idiota, Idiotes, Der Tor, engl. "fool" von follis, "Windbeutel", La Folie / ou L'alchimiste

Symbolik

Nummerierung(en): 0, 1, 78(Etteilla, dort ist der Narr die letzte Karte von allen)
Griechischer Buchstabe Α α Alpha (1)
Hebr. Buchstabe Aleph.
[Der Buchstabe A kann auf dem Tierkreis dem Sternbild Stier / (Hohepriester) zugeordnet werden.]

Wanderer, (sich vorwärts bewegender) Mensch mit (zerrissenem) Gewand
Wildes Tier hinter ihm, Panther (Wildkatze), Wolf oder (weißer) Hund (der ihn beißt), seltener Schlange
Efeu-umrankter Stab mit Zirbel an der Spitze
Trauben = Wein / Blume
Feigenbaum, symbolisiert die Fortpflanzungsorgane: Blätter männlich, Früchte weiblich.
Mythen: Parzival, (parsi fal = pure fool), kelt Peredur, Green Man, Dionysos
Waldgott Silvanus, Faunus.
Harpokrates, Don Juan, Till Eulenspiegel. Pan = All(es)

"Pan, in anguish uplifted his fallen pine, felled by the rampages of the monster."

(Nonnus, Dionysiaca 2)
Kiefer, engl. pine-tree, pineal (→ Zirbeldrüse)

Zeugung, Schöpfung. Frühling. Ur-Mensch, Ur-Impuls, Unschuld, Lebenskraft, Zeitlosigkeit, vereinigte Elemente Feuer, Wasser

Wanderer, peddler. Die Frühlingssonne am Anfang des Tierkreises beginnt im Widder (→ Aries) ihre Reise. Der erste Impuls, Anfang einer Unternehmung, der mutige oder auch übermütige Sprung ins Ungewisse, kindliche Unternehmungslust und Unschuld. Sich nicht alles zweimal überlegen, sondern einfach loslegen, etwas wagen, etwas anfangen, im hier und jetzt sein, ehrlich spontan agieren (ohne Hintergedanken, Agenda, Pläne, sich's zweimal überlegen, zögern, usw.). Diese Form von Mut ist in der Tugend der Stärke enthalten.

Zwischen dem Narr und dem ihm im Tarot unmittelbar folgenden Magier besteht ein Gegensatz, den man grob gesagt zwischen Kind und Erwachsenem beschreiben könnte. Während der Narr das kindliche Unbewusste im Geist symbolisiert, repräsentiert der Magier das, was mit Einsicht verstanden wurde und im Bewusstsein des Menschen integriert ist. Der Narr erlebt seine Umwelt unmittelbar, sein Spirit ist aktiv, inspiriert ihn, und gibt ihm Impulse, daraus folgt unmittelbar intuitives Handeln, er ist verbunden mit der spirituellen Quelle, weiß aber nichts davon. Damit verbunden ist seine sprichwörtliche Dummheit, in der auch Ohnmacht liegt, denn in der Welt unterliegt das Unterbewusstsein nicht nur (guten) spirituellen Einflüssen - der Magier denkt und handelt dagegen bewusst, benutzt seinen Verstand und die geistigen Gesetze, um selbst Einfluss auszuüben, er ist "geistesgegenwärtig".

Magier

→ Narr

Bewusstsein und Unbewusstes, Tag und Nacht, Licht und Finsternis: Die erste Teilung nimmt die gegensätzliche Natur der folgenden Karten vorweg, bei denen in männlich und weiblich unterschieden wird, oder besser gesagt Yang und Yin, alle Gegensätze sind in jedem Menschen - in verschiedener Ausprägung - vorhanden.

Bewusst Unbewusst
weiblich Yin Herrscherin Hohepriester (Animus)
männlich Yang Herrscher Hohepriesterin (Anima)


Wein - Leib und Blut des Dionysos

Scherztag 1. April (engl. April-Fool), April war die ursprünglich "närrische" Zeit im Jahr, zu der man den Beginn des Frühlings feierte. In Attika war es der Monat Gamelion, der Hochzeitsmonat, in dem Frühlings- und Hochzeitsfeste abgehalten wurden. Anthesterien: der Anstich des ausgegorenen Weins war ein Festtag mit Trinkgelage. Wein oder Honigwein, auch Met oder Ambrosia genannt, galt als Göttertrank. Ein Beiname Dionysos' war Eleutherios (der Befreiende): mit Wein, Musik und Tanz enthemmte er seine "Anhänger". Hinzu kommt, dass Dionysos alles symbolisierte, das als verrückt, chaotisch, gefährlich oder unerwartet galt oder sich sonstwie dem Verstand entzieht - was gut zum Wein passt, immerhin "hilft" dessen übermäßiger Genuss, solche Zustände hervorzurufen und darin zeigt sich auch die unmittelbare Verbindung des Dionysos zum Archetyp des Narren. Interessant ist ein Detail aus seinem sogenannten Kult, die entdeckte Parallele mit kirchlichen Ritualen geht schon auf Hölderlin zurück: Das rituelle Mahl mit Brot und Wein als "Leib und Blut" des Dionysus, dessen Geist die Teilnehmer in sich aufnehmen. Sieht man den analogen Zusammenhang Sonne-Christus, kann man Dionysos als eine Personifizierung der Frühjahrssonne, des wiederkehrenden Lichts, auffassen, das später im Osterfest gefeiert wurde. Ein → Sternbild, das mit Dionysos korrespondiert, und im Frühling am Himmel aufgeht, ist Bootes.
[DIONUSOS kann umgewandelt werden in NOUS DIOS (Geist des Zeus)] Die Symbolik der Dionysos-Riten bzw. Dionysos selbst wird vom Hohepriester repräsentiert. Narr und Hohepriester sind zwei Aspekte des Frühlingsbeginns. Beide begrüßen den Frühling und damit das neue Licht auf eigene Weise. Das Prinzip Hohepriester unterscheidet sich von dem des Narren dabei durch seine vertikale Ausrichtung, er kennt seine Wurzeln und kann dieses Wissen weitergeben. Er übt an sich die gleichen Rituale zur gleichen Zeit aus, aber im Gegensatz zum Narren geht es ihm um deren tieferen (religiösen) Sinn und er prägt diesen mit. (Aufgabe des Hohepriesters war beispielsweise, das entsprechende Datum für ein Fest zu berechnen. In Chaldäa kannte man Priester-Astronomen und es ist sehr wahrscheinlich, dass diese "Fachbereiche" damals generell zusammengehörten) → Hohepriester

Die menschliche Ur-Natur

Der Narr im Tarot rät, Impulsen zu folgen, beweglich zu sein, sich seiner wahren Natur hinzugeben. Quantensprünge machen, dem eigenen Willen folgen. Unbewusste, unmittelbare Unschuld. Spontan sein. Im Jetzt leben und handeln. Impulse ohne Zögern umsetzen. Leben und leben lassen. Unmittelbar (re-)agieren. "Gedacht, getan".
Er steht für Verrücktheit, Narrheit, extravertierte Freiheit, Sinnesfreuden, spontane Liebe, Flirt, Freude, Lust. Humor, Leidenschaft. Neugier. Impulsivität. Trieb. Zeitlos = im Jetzt. Außerhalb des Gewohnten, Impulsen folgend. Rebellion mittels Humor. Die Liebe, Triebe und Sinnesfreuden des Narren, die tierhafte Lebensfreude und der Genuss, das Feiern haben eine unschuldige Note, sie sind im Einklang mit der Natur des Menschen. Wer nicht genießen kann, wird selbst ungenießbar. Das Leben soll Freude bereiten, ausgelassene Lebensfreude und Lebenslust sind Ausdruck des natürlichen göttlichen Geistes. Mit Übermut, überschäumender Lebensfreude verhält sich der Narr unüberlegt und spontan, was ganz schön ver-rückt auf andere wirken kann, bringt sie aber auch zum Lachen und steckt sie mit kindlicher Lebensfreude an.
Daher hat der Narr, auch wenn er Naivität und Kindlichkeit verkörpert, nicht unbedingt mit Dummheit oder Triebhaftigkeit zu tun. Ein Symbol für Dummheit würde der Narr vor allem dann, wenn sein sprunghaftes Verhalten nicht in eine gegebene Situation passt, die eher Planung, Verantwortungsbewusstsein, Ernsthaftigkeit oder Ausdauer erfordern würde. Auch übertriebene Begierden und Exzesse fallen nicht in sein Symbol-Feld, denn der Narr ist frei - erst wenn sich Genuss und Trieb verwandeln in Gewohnheiten oder Verlangen, welche den Menschen fesseln oder süchtig machen, haben wir es mit einem der bemitleidenswerten Wesen in Ketten auf der Karte Der Teufel zu tun, der die "Verdunkelung des Pan" repräsentiert und dessen Bereich das Spektrum der Untugenden wie Sucht, Missbrauch usw. ist.

Der Narr Tarotdeutung

'Quantensprung', Befreiung. Spontane Inspiration. Mut, Freude, Unbefangenheit, spielerische Leichtigkeit. Menschliche Ur-Natur.